Bericht von den Europameisterschaften im Kendo 2022

Es ist Samstag, der 28.05.2022.

Peter hat sich eine schwere Erkältung eingefangen und fällt für diese Reise aus. Lili muß wegen einer Corona-Infektion ebenfalls zuhause bleiben. Beide haben unser volles Mitgefühl, ihre Enttäuschung können wir nachvollziehen.

Zeynep hat sich bereit erklärt, ihre Familienkarosse zur Verfügung zu stellen und so machen wir (Zeynep, Oli und ich) uns auf den Weg nach Frankfurt/M. zur Kendo-EM 2022 (O-Ton Peter: „nicht hauen, nur gucken“).

Im Anschluß an die Wettkämpfe sind Dan-Prüfungen geplant.

Während der Fahrt macht Zeynep ihrem Prüfungsstress durch Reden Luft. Oli auf dem Rücksitz steuert nur ab und zu ein leises „hmmm“ zur Unterhaltung bei und ich folge dem Ganzen total entspannt – der Prüfungsstress geht mich ja schließlich nichts an.

Die Location in Frankfurt macht einer Europameisterschaft alle Ehre:

Eine riesige Halle mit Zuschauertribünen, breiter Tartanbahn rund um die Manege und im Mittelteil 4 Wettkampfflächen inkl. Schiedsrichterpodesten. Im Rahmen der Verkehrswende hat man allerdings nur einige wenige Parkplätze vorgesehen. Eine 3/4 Stunde Parkplatzsuche in den Nebenstraßen läßt den Prüfungsstress verblassen. Ein Anwohner macht uns freundlich mit den Worten „DIES IST EIN PRIVATPARKPLATZ!!!“ auf unsere mangelnden Verkehrsregelkenntnisse  aufmerksam. Egal! Dann parken wir einfach weiter entfernt und schleppen unser ganzes Gerödel zur Halle.

Vor der Halle finden sich viele Menschen aus allen Gegenden der Welt, die sich lange nicht gesehen haben. Großes Umarmen, „Hallo“ und „Nice to See you again“. Namensschilder aus Frankreich, Belgien, Isreal, Slowenien, Südafrika, Polen, usw. verstärken das internationale Flair. Wer gerade genau gelesen hat und keine fünf-minus in Erdkunde hatte, bemerkt, daß Israel und Südafrika nicht in Europa liegen – egal – die Kendo-Welt definiert die Grenzen eben anders.

Die Klangkulisse in der Halle ist nichts für schwache Nerven. Auf den Wettkampfflächen brüllen die Teilnehmer, was das Zeug hält und was die Stimme hergibt.

 

 

 

 

 

Jemand spricht Zeynep an: „Ah, Du auch hier, Du machst Prüfung? Dann mach das bloß nicht so wie die Wettkämpfer da unten“. Ich verstehe diesen Ratschlag erst, als ich auf die Wettkampffläche schaue. Das Karacho-Kendo dort unten hat nichts mit dem Kendo zu tun, das wir zuhause praktizieren. Technik ist nur rudimentär zu erkennen, statt dessen Power, Power, Power. Ich verstehe nicht, wie die Schiedsrichter Punkte vergeben, wenn sie die Treffer vor Schnelligkeit nicht sehen können. Ich bin schwer beeindruckt.

Die gleiche Szenerie am nächsten Tag. Einzelne Kämpfe zu kommentieren, fällt schwer. Zu viele hervorragende Kendoka zeigen Kendo in Weltklasse.

Am späten Nachmittag dann Siegerehrungen, Nationalhymnen, großer Applaus.

Anschließend Dan-Prüfungen. Ich postiere mich mit Stativ und Kamera auf der Tribüne, um die wichtigen Ereignisse festzuhalten. Als die ersten Probanden erscheinen, gerate ich in Streß: alle Rüstungen ohne Namensschild, keine Unterscheidungsmerkmale mehr. Wessen Prüfung soll ich denn jetzt filmen? Ich schalte die Kamera auf gut Glück ein und aus und hoffe auf Zufallstreffer.

Es wird im Schnelldurchlauf geprüft. Maximal 60 Sekunden Shiai, in denen die Prüflinge ihr Können zeigen dürfen. Anschließend gleichzeitig 10 Prüflinge, die in Paaren die Nihon-Kata vorführen.

Veröffentlichung der Prüfungsergebnisse ebenfalls anonymisiert – Zeynep, wir sind so stolz auf Dich. Herzlichen Glückwunsch zum 3. Dan.

Vielen Dank an Zeynep für die Organisation und für den unermüdlichen Fahrdienst.

Gerd

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